Ein Blick in die Sterne: Skopjon 17.08. – 21.08.

 

      * Gesundheit/Fitness  

Mit der Vitalität könnte es ebenso hapern wie mit der Motivation

  

-          Hm… bei gefühlten 40 Grad trifft das vor allem auf mich zu. Tagsüber liege ich halb tot im heißen Hostelzimmer in Skopje/Mazedonien. Von Thomas keine Spur.. der ist Joggen, in der Mittagshitze! An der Motivation hapert’s also ganz sicher nicht. Darf es auch nicht. Denn in nur 5 Tagen wollen wir Mazedonien bereisen, um danach im Eilschritt durch Albanien und Montenegro nach Dubrovnik (südlichste Spitze von Kroatien) zu heizen. Dort holen wir unsere liebe kölsche Freundin Laura ab, die dann 2 Wochen mit uns reisen wird! Aber das ist Zukunftsmusik. Bis dahin heißt es: Voll motiviert Mazedonien erkunden.


Was gibt’s sonst, liebes Horoskop?

 

 

 

 

      *Beruf/Geld  

Zwar sind Sie zu Recht von Ihren geistigen Ergüssen überzeugt, doch Vorgesetzte sind weitaus schwieriger zufriedenzustellen, als Sie annehmen


-          Was sind Vorgesetzte, kann man das essen? ;) Späßgen! Aktuell niemand, der uns in geistige (Blog-)Ergüsse reinredet.

Easy!

Weiter!

 

      *Liebe/Partnerschaft 

Ihr Partner kann sich noch so viel Mühe geben; Sie finden wohl immer ein Haar in der (Liebes-)Suppe. "Lust"-Partner: Löwe, Waage; "Frust"-Partner: Stier, Skorpion (heißt das nicht Skopjon?!)

 

Tse! Wer glaubt schon an Horoskope??? In Skopje, der Hauptstadt von Mazedonien, lernen wir jemanden kennen, der zumindest an die Sterne glaubt. „It’s not my hobby, it’s passion!“ Voller Passion verkauft der etwa 50-jährige Radan auf dem Skopjer 'Marktplatz Mazedonien' einen Blick in die Sterne. Mit Hilfe eines Profi-Teleskops sehen wir den Mond und seine Kraterlandschaft, den Saturn in Miniaturform und sogar Jupiter und seine Monde (winzig, aber toll!). Neben dem Monster-Teleskop steht eine Sparbüchse, die wir begeistert füllen wollen. Doch von seinen „Münchner-Friends“ möchte er kein einzigen Denar, also kaufen wir ihm kurzerhand eine Dose Cola, denn Radan gibt zu „coke-addicted“ zu sein. Hoffentlich meint er damit Coca-Cola, alles andere würde das Tagesbudget sprengen ;) Wir haben wohl zum richtigen Coke gegriffen, denn Radan freut sich wie ein kleines Kind und umarmt uns zum Abschied.  

 

Obwohl wir die Sterne nicht wirklich deuten können, ahnen wir jetzt schon, dass Mazedonien einiges zu bieten hat:

Das glaubt auch der junge Hostelbesitzer. So weigert er sich, uns einen guten Restaurant- oder Ausgehtipp zu geben und behauptet überzeugt: „No matter where you go, everything is just perfect!“. So etwas kennen wir doch eigentlich nur von den Münchnern ;)

Schnell wird klar, die Erwartungen waren zu hoch. Wirklich schön ist eigentlich nur die Altstadt. Die erinnert 1:1 an Sarajewo. Wie die bosnische Hauptstadt ist sie ein Multikulti-Schmelztiegel, indem sich Moslems zum Tee und Fußballgucken (!) treffen und Ortodoxe & Katholiken (& wir) guten Wein in Seitengässchen-Lokalen vertilgen.

Die Neustadt dagegen ist eine große Baustelle. Mehr als ein Dutzend Statuen und „alte“ Gebäude werden hier aus dem Nichts gestampft. Laut vieler Einheimischer eine groß angelegte Geldwäscheaktion der derzeitigen Regierung: „Die sollten in Bildung investieren, nicht in eine 10 Mio. Dollar Alexander-der-Große-Statue!“ Seinem Namen macht Alex auf dem „Mazedonien“-Platz auch alle Ehre: stolze 23 m misst die erst im Juni 2011 errichtete Bronzestatue! Großes Denkmal = großer Ärger. Und zwar mit Griechenland. Die fühlen sich nämlich um einen IHRER Helden beraubt. Streit mit den Griechen sind die Mazedonier gewöhnt – dank ihrer Nachbarn dürfen sie nicht einfach „Macedonia“ heißen, sondern haben den praktischen offiziellen Namen „former Yugoslav Republic of Macedonia“. Das schnelle Versöhnungsangebot der Mazedonier also: die Statue heißt ab sofort einfach nicht mehr Alexander der Große, sondern „Der Soldat auf dem Pferd“. Wer will schon Streit mit den Griechen?! ;)

Mehr dazu in diesem Artikel: http://diepresse.com/home/kultur/kunst/670792/Denkmalstreit-um-Alexander-den-Grossen

 

Nach zwei Tagen freu ich mich, dass wir dem „ach so perfect“ Großstadt-Hitze-Dschungel entkommen und wir gen „Matka Lake“ steuern. Nur 40km entfernt von Skopje. Der dritte Mann im Bruno wird ab jetzt zur Gewohnheit und so begrüßen wir Kunststudentin Mieke an Bord. In trauter Dreisamkeit genießen wir die Schluchten Matkas, die der wunderschönen Landschaft des Yangtzes in China ähneln! Hach, warum so weit reisen, wenn das Gute so nah liegt? Diese Frage drängt sich uns von Reisetag zu Reisetag immer mehr auf. Alles könnte so ungetrübt schön sein, wenn da nicht diese Müllberge wären! Schmutzfinken! Kein Gespür für global warming / Umweltschutz / Bio & Co! Trotz des Mülls trauen sich Mieke und Thomas ins eiskalte Wasser. Erstaunte Gesichter. Erst auf den zweiten Blick fällt auf: Hier baden ausschließlich Männer… und Mieke! Das macht sie kurzerhand zum Star am Lake Matka: „Hey, we saw you swimming!“ / „The swimming girl“ usw.

 

Landschaft-Augenschmaus und tolle Gespräche - wir kommen einfach nicht weg. Viel zu spät machen wir uns auf den Weg zum berühmten Lake Ohrid, im Süden des Landes, und verfahren uns prompt. Aus dem Nichts bekommen wir ungefragt Hilfe von dem ersten Albaner, dem wir begegnen. Mitte 40 und völlig zahnlos erklärt er uns mit dem einzig deutschen Wort, das er kennt „rückwärts“, dass wir falsch sind und weist den richtigen Weg, indem er vorweg fährt! Mit einem High-Five Gruß und tausend albanischen Worten verabschiedet er sich von uns, als gehörten wir zur Familie! Na, da kann man sich ja schonmal auf Albanien freuen :)

 

Als wir in Ohrid ankommen, ist es spät und das verdammte Hostel nicht auffindbar. Wieder Hilfe aus dem Nichts: ein Parkplatzwart, etwa in unserem Alter, freut sich auf fließend Deutsch über das M-Kennzeichen. Als Asylbewerber hat er mit seiner Familie 7 Jahre in der Nähe von München (Pfaffenhofen) gewohnt. Antrag abgelehnt, weil kein Krieg in der Heimat. Urlaub macht er ausschließlich in Deutschland – zuletzt in Gummersbach und Köln, kein Witz! Aus alter Nachbarschaftshilfe heraus ruft er für uns im Hostel an und sorgt dafür, dass wir persönlich abgeholt werden. Er wünscht uns eine tolle Weiterreise und gibt – klar – noch einen wichtigen Rat mit auf den Weg: wenn wir nach Albanien fahren, sollen wir unsere Wertsachen gut verstauen. Typische Nachbarlands-Liebe, kennen wir ja schon ;)

 

Ohrid erweist sich als DAS Urlaubsdomizil für ganz Mazedonien: stimmungsvolle kleine Strände mit 90s-Pop inmitten von atemberaubender Landschaft: 2000er Berge ringsherum und glasklares Wasser in Lieblings-Wasserfarbe türkis! Hier könnten wir ewig bleiben, auch dank der netten türkischen Backpacker, die wir zum ersten Mal auf der Reise treffen und die uns alle unabhängig voneinander zu sich in die Türkei einladen. Einer warnt uns: „Come with empty stomachs, my mum will cook for you!“

 Gut, dann verzichten wir halt auf die so schmackhaft angekündigte Ohrid-Forelle. Und wie schlau das ist, erfahren wir im Lonely Planet: obwohl vom Aussterben bedroht, findet sich die Delikatesse nach wie vor auf allen Speisekarten. Vor allem für Dynamit-Fischer ein lukratives Geschäft. Uns wird ganz anders bei dem Gedanken, dass hier weder Umwelt- noch Artenschutz auf der Tagesordnung stehen :(

 

Ein bisschen weiter südlich, in St. Naum ist von Weltuntergang auch noch lange nichts zu spüren. Fast unberührte Natur, trotz unzähliger Urlauber. Plexiglasklares Wasser, saftig grüne Algen, heilige  Quellen, eine sehenswerte orthodoxe Kirche und als wäre das alles noch nicht schon schön genug: frei herumtollende farbenfrohe Pfauen (übrigens zieren die auch mazedonische Geldscheine!). Wir sind uns sicher: So oder so ähnlich sieht der Himmel aus. Der bislang schönste Sonnenuntergang der Reise mit Blick auf die andere Uferseite, Albanien, bestätigt das nur.

 

Dass wir uns am nächsten Tag 9 Stunden (!) bei echten 40° C (!) über albanische Schotter-Straßen quälen, wollen wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen. Auch dass es bei mir zu einem Sonnenstich und zwei Tage Bettruhe im Hinterland von Montenegro führen wird, nicht. Oder dass wir einen LKW rammen – Gott sei Dank keine Beulen. Oder dass ein albanischer (Fake?)-Bulle versucht uns abzuziehen, dem wir nur indem wir auf dumm tun, entkommen, nicht.

 

Hätten wir besser mal die Sterne befragt? Ach was! Horoskopen entnimmt man doch eh immer nur das Gute,  schlechte Prognosen werden bekanntermaßen eh getrost ignoriert ;)

 

 

 

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