Bye Bei-rut

Über den Wolken - ai ai ai
Nach zypriotischer ‚Gefangenschaft‘ haben wir es doch noch in den freiheitsbringenden Flieger nach Beirut geschafft. „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ trällern Lenny und ich fröhlich, aber schon zum Ende der ersten Strophe – also nach gerade mal 35 Minuten (Sink)-Flug, landen wir bereits im mittleren Osten.

 

LIBA-NON smoker

Eine andere Welt und das direkt vor der Haustüre der EU: Wir verlassen uns auf unseren gefundenen Reiseführer, der von einer abenteuerlichen Bustour ins Zentrum berichtet… dass es in Beirut de facto weder TÜV noch Nichtraucher gibt oder eine Straßenverkehrsordnung, erfahren wir auch ohne Reiseführer schon in den ersten Stunden im sogenannten ‚Van-Taxi‘. Ein farbloses rostiges Beulenmonster ohne Hintertüre, in dem ich meinen Koffer und die Lenny festhalten und hoffen muss, dass uns niemand rammt. Der Fahrer fährt hupend und rauchend durch ein Gewusel von anderen Verkehrsteilnehmern, muss einmal 5 Liter Benzin tanken (Dieselfahrzeuge sind übrigens im Libanon verboten!?)  und bremst dann hupend unseren Anschluss-Van aus. Wir wechseln im Flug auf einer riesigen Kreuzung und die nächste Abenteuerfahrt beginnt!

 

Jung, Touri, blond sucht … Taxi?!

In der Innenstadt angekommen, werden wir interessiert angeschaut und von fast allen Libanesen mit einem freundlichen ‘Welcome to Libanon’ empfangen. Diese Gastfreundschaft soll bis zu unserem Abflug nicht mehr abflauen, genauso wie die hupenden Taxifahrer, die uns von weitem schon als Touris erkennen, abbremsen und uns mit ‚Taxi Taxi‘ – Schreien eine Fahrt andrehen wollen.  Lenas blonden Haare sind der Taxifahrermagnet, keine 50 Meter ohne Hupe oder ‚Taxi Taxi‘!!!

 

Back to the roots ‘VART mal –  wo kommst du noch mal genau her?‘

(Achtung! Autorenwechsel ;) ): Thomas‘ und meine Ankunft? Extrem spontan (siehe Zypernblog), besonders für Vart, meine Holländischkurs-Kommilitonin aus Maastricht. Und so müssen wir zunächst auf ihren Feierabend warten. Zeit, einzelne Puzzlestücke wieder zusammen zu fügen… aber es scheitert schon daran, dass ich mich bloß daran erinnere, dass Vart Armenierin ist. Was also macht sie hier in Beirut?! „Genau das fragt mich meine Mutter auch immer!“, lässt Vart uns nachher wissen. Denn schließlich hat sie Vart und ihren Bruder damals aus Armenien nach Beirut gebracht, um später vor den Unruhen nach Deutschland zu fliehen.  Jetzt, ca. 20 Jahre später,  findet Vart ihre Wurzeln nicht in Deutschland, nicht in Armenien, sondern ausgerechnet in ihrer 2. Heimat, dem Libanon.  Warum? „Aus unendlich vielen Gründen!!! Und die werde ich euch in den nächsten Tagen alle zeigen!“ Und so beginnt für Thommy und mich eine 5-tägige Pauschalreise, wie sie JEDER einmal erlebt haben sollte! Merciii Liebes!

 

Grenn Mile

Warum ich jetzt französisch spreche? Weil mich hier so viel an Frankreich erinnert! Und das macht sogar Sinn. Denn das Land war von 1918 bis zur Gründung der ‚Republik Libanon‘ 1943, von Frankreich besetzt. Direkt neben die alten französischen Gemäuer türmen sich ultramoderne Hochhäuser. Die wiederum stammen von den vielen steinreichen Saudis, die die Küste Beiruts als Luxus-Urlaubsdomizil nutzen. Steinreiche Saudis?! Gar nicht mal so unklug.. unsere Vart… dass sie also gerade hier  in Beirut ihren Beruf als Architektin ausübt ;) Aber auch die Mitgestaltung dieser bunten Metropole stellen wir uns extrem spannend vor.  Und so bunt die Stadt, so bunt auch seine Menschen: Hamra, die belebte Innenstadt von Beirut, wird von Muslimen bewohnt, während im neuen hippen, an Hamra angrenzenden Stadtteil Gemmayze ausschließlich Christen leben. Zwischen den beiden Vierteln verläuft die symbolische „Green Line“, die Beirut lange  Zeit in Ost und West gespaltet und Schauplatz für blutige Auseinandersetzungen geboten hat. Heute (oder sollte man es vielleicht vorsichtiger mit „im Moment“ ausdrücken?), ist von den religiösen und politischen Disputen nichts zu spüren! Abends treffen wir Varts super netten und offenen Freunde zum Thanksgiving in einer belebten Bar. Ein Freundeskreis - viele verschiedene Religionen.

 

 LI(E)BE-nesisch geht durch den Magen

Völlig einig ist man sich auch im Essen. Eine Person, ein Gericht? Das gibt’s im Libanon nicht! Einer bestellt für alle, z. B. Houmus, Auberginencreme, Salat mit frischem Granatapfeldressing, mit Reis gefüllte Weinblätter, orientalisch gewürzte Hähnchenspieße und und und… gespeist wir in stylischen Decors, am Sandstrand oder am Hafen. Fragt man hinterher nach einem Visitenkärtchen, gibt’s stattdessen ‘ne Telefonnummer. Warum nicht wie bei uns üblich die homepage? Aufgrund bisher üblicher Korruptionen gibt’s High-Speed-Internet tatsächlich erst seit wenigen Monaten… Unvorstellbar! Aber all das ändert sich gerade. Die Beiruter wollen raus, sich emanzipieren – und das merkt man! Die Stadt ist im Aufschwung und wir swingen mit, verlieben uns und verzehren fleißig weiter.

 

007- ‚Beirut ist nicht genug‘

Aber ganz nach dem Motto „Die[se] Welt ist nicht genug“, steigen wir schon am nächsten Tag in eine 80er-Jahre Kapsel im James Bond-Stil und werden schon wieder in eine andere Welt katapultiert. Die 007-Seilbahn bringt uns on top zur heiligen Maria, die der Christusstatue in Rio ähnelt, und zurück. Und das in im mm-Abstand zu monströsen Hochhäusern. Das ist nicht nur beeindruckend, man kann auch interessante Einblicke in private Wohnzimmer erhaschen. Wieder unten, geht’s nach Byblos. Ein Ort, in dem schon in der Bronzezeit der Handel tobte. Wunderschön sind die kleinen alten Gässchen, die ihrer Neueröffnung einem Mann, „Ede“, verdanken, der hier alles aufgekauft und renoviert hat. Die Stadt bedankt sich, indem ALLES seinen Namen trägt: „Ede Cafe“, „Ede Restaurant“, Ede Hafen“, „Ede Mode“ usw. ;) Und auch wir sagen: danke Ede! Was für ein schönes Städtchen.

 

Bye-Bei Rut, my love

In diesem schnellen und wunderschönen Rhythmus verfliegen die Tage in Beirut und Umland viiiiel zu schnell und können auch nur mit einem Marathon für Thomas getoppt werden (siehe Marathömchen Blog). Was für eine Pauschalreise!

Und so trällern wir auf dem Rückflug:

“Bye-bei (my) Rut, mach et jot,bes zom nächste Mol. Bye-bei (my) Rut, du wors jot, un eines, dat es klor, ich weed dich nie, niiiiiemols verjesse, denn die 5 Tage met dir worn schön, Bye-bei (my) Rut, auf Wiiiiiiederseeeeehn.“

Und mit dem letzten Ton landet der Flieger auch schon wieder in Europa, in einer anderen Welt. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Yany (Dienstag, 17 Juli 2012 18:56)

    will come back before long